Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, müssten nicht nur im Handwerk alle vorhandenen Potenziale genutzt werden, betonte Heidmeier. „Auch den Bedarf an Pflegefachkräften werden wir in den kommenden Jahren ohne Zuwanderung nicht decken können.“ Dabei müsse die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte schneller, unbürokratischer und digitaler werden. „Wir überziehen Fachkräfte aus dem Ausland mit Bürokratie“, kritisierte der Staatssekretär. Sein Vorschlag: „Alle Zugänge und Ansprüche sollten digital auf einer Plattform verfügbar sein. Wir verlieren Vertrauen, wenn wir den Staat nicht so digital aufstellen, wie die Menschen es sich wünschen.“
Bei der Anerkennung von Qualifikationen müsse sich das Handwerk bewegen, forderte Matthias Heidmeier. „Wir brauchen Jede und Jeden. Die Zukunft des Handwerks liegt nicht mehr nur in der Ausbildung von Exzellenz.“ Heidmeier sprach sich für eine flexiblere Anerkennung von Qualifikationen aus, auch von Teilqualifikationen. Dies wurde von den Teilnehmenden, besonders von den Vertretern der Handwerkskammern, kontrovers diskutiert. Eine Stärke des Handwerks liege gerade in der klar strukturierten Ausbildung. Für den Staatssekretär kein Widerspruch: Immerhin zahle die Landesregierung seit dem 1. Juli dieses Jahres jeder neuen Meisterin und jedem neuen Meister 2.500 Euro Prämie als Anerkennung der erworbenen Qualifikation. Wichtig sei, da waren sich alle einig, dass zugewanderte Fachkräfte gute Sprachkenntnisse in Deutsch brauchen, um die Betriebe verstärken zu können.
Zu den vorhandenen Potenzialen gehört auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung. Hier ist das Kolping-Bildungswerk Paderborn mit seinen Einrichtungen und Inklusionsunternehmen aktiv. Dietmar Mantel, Geschäftsführer des Kolping-Berufsbildungswerkes in Brakel (Kreis Höxter) berichtete in diesem Zusammenhang von guten Vermittlungserfolgen bei jungen Menschen mit Lernbehinderungen, die bei Kolping in Brakel ihre Ausbildung absolviert haben. „Viele unserer Absolventen sind heute gestandene Handwerker“, so Mantel.
Viel Potenzial stecke im Bereich des Übergangs auf den Arbeitsmarkt nach dem Schulabschluss. Rund 40.000 junge Menschen seien hier in Anschlussmaßnahmen ohne klare Perspektive für einen Beruf, bemängelte Staatssekretär Heidmeier: „Ein Relikt aus der Zeit der Massenarbeitslosigkeit. Wenn es uns gelingt, ein paar tausenden von ihnen auf dem Arbeitsmarkt Chancen zu eröffnen, ist das ein großer Erfolg.“ Die Landesregierung habe diese Zielgruppe in den Blick genommen. Die Betriebe können unterstützen, indem sie Praktikumsplätze zur Verfügung stellen.
Diskutiert wurde auch darüber, wie gut die Schulen junge Menschen auf das spätere Berufsleben vorbereiten. „Die Schule darf das spätere Leben nicht ausblenden“, so Heidmeier. Gerade in Gymnasien habe man das Handwerk nicht im Fokus, sondern die Vorbereitung auf ein Studium. Alle Teilnehmenden forderten, die berufliche und die akademische Bildung gleichzustellen. Matthias Heidmeier nahm die Argumente der Diskutierenden auf und dankte den Kolpinggeschwistern für ihr ehrenamtliches Engagement in den Handwerkskammern. „Gute Reformen können nur gelingen, wenn alle Partner zusammenarbeiten“, fasste der Staatssekretär zusammen.