Fachkräftemangel eröffnet Menschen mit Behinderung neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt
Inklusion lebt von Netzwerken. Das wurde bei der Veranstaltung „Arbeit ohne Barrieren“ in Paderborn sehr deutlich. Das Integrations- und Beratungszentrum (IBZ) Paderborn/Höxter, ein Unternehmen der Kolping-Gruppe Paderborn, hatte dazu Unternehmen, Bildungsträger, die Agentur für Arbeit, Menschen mit Behinderung und weitere Interessierte eingeladen. Auch Inklusionsfirmen stellten sich an diesem Nachmittag vor.
Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung ist in Deutschland 2023 auf knapp elf Prozent gesunken. In Nordrhein-Westfalen liegt sie bei rund 14 Prozent und damit deutlich darüber, stellte Claudia Middendorf, die Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderung, in ihrem Grußwort fest. Die Landesregierung werde deshalb im Frühjahr kommenden Jahres einen Inklusionspakt auf den Weg bringen gehe als Vorbild voran. Das Ziel sei, in Landesbetrieben fünf Prozent der Neueinstellungen mit Menschen mit Behinderung zu besetzen. „Wenn diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt ihr Potenzial entfalten, ist das eine große Chance, um den Fachkräftemangel abzumildern“, stellte Middendorf fest.
Potenziale entfalten – darum ging es an diesem Nachmittag beim IBZ in Paderborn. Als Inklusionsunternehmen aus der Region stellte sich unter anderem die Josefs-Brauerei aus Bad Lippspringe vor. Sieben Menschen mit Behinderung sind hier sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Sie produzieren Bier und alkoholfreie Getränke. „Wir sind immer offen, Interessierten die Möglichkeit eines Praktikums zu bieten, um zu sehen, ob der Arbeitsplatz passt“, sagt Victoria Schulte-Broer, die Inklusionsbeauftragte der Brauerei. Die Aatal-Klinik in Bad Wünnenberg hat Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen, die keine medizinische oder therapeutische Qualifikation erfordern. „Als Reha-Klinik denken wir ohnehin inklusiv“, sagt Dr. Volker Runge. „Das Thema gehört für uns zum Alltag.“
Neue Möglichkeiten für Menschen mit einem Arbeitsplatz in einer Werkstatt für behinderte Menschen möchte die Lebenshilfe Paderborn schaffen. In einem Projekt versucht sie, diese Menschen in regionale Unternehmen zu vermitteln und bleibt dabei Beschäftigungsgeber. „Das gibt allen Beteiligten Sicherheit“, sagt Projektleiterin Nadine Kröger, „und damit Raum, Potenziale zu entfalten. Werden diese Menschen in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen, kann zum Beispiel der Integrationsfachdienst des IBZ die sozialpädagogische Unterstützung leisten.
Mit dem Slogan „Wir sind Ihr Lotse“ wirbt die Einheitliche Ansprechstelle für Arbeitgeber (EAA). „Wir sind seit Anfang dieses Jahres gesetzlich verankert“, berichtet Benjamin Lowack. Auch er sieht den Fachkräftemangel als Chance für Menschen mit Behinderung. Kleinere Unternehmen hätten dabei einen größeren Beratungsbedarf als große, wenn es um rechtliche Rahmenbedingungen und finanzielle Unterstützung gehe. „Insgesamt werden alle Unternehmen offener dafür, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen.“
Die Kolping-Gruppe Paderborn ist seit Jahren Vorreiter beim Thema Inklusion. Mit dem „Gasthaus zur Börse“ in Arnsberg und dem Lindenhof in Hamm-Rhynern haben 2022 und 2023 zwei weitere gastronomische Inklusionsunternehmen eröffnet und die Zahl der Kolping-Inklusionsunternehmen im Diözesanverband Paderborn auf insgesamt elf erhöht. Daneben bietet Kolping in seinen Einrichtungen an 6ß0 Standorten die gesamte Bildungskette für Menschen aller Altersgruppen an, von der Kita bis zur Altenhilfe.